Löwe der Freiheit
Das Lächeln von Nelson Mandela ist etwas ganz Besonderes. Es ist voller Aufrichtigkeit und Sanftheit. Es gibt in seinem Gesicht nicht einen einzigen kalten oder verhärteten Zug. Und trotzdem spiegelt es die Überzeugungen und die Charakterstärke eines Mannes wider, der sein Volk in die Freiheit geführt hat. Dieses Lächeln, das durch die Erfahrung tiefen Leids so strahlend wurde, ist vergleichbar mit reinstem Gold, aus dem alle Trübungen erst durch die Gluthitze eines Schmiedefeuers herausgetrieben wurden.
Mandela strahlte tiefes Selbstvertrauen aus, als wir uns an einem Nachmittag im Juli 1995 trafen. Es war unsere zweite Begegnung nach etwa fünf Jahren. 1994 war er zum Präsidenten Südafrikas gewählt worden. Er schien mit der Zeit stärker und weiser geworden zu sein, so wie ein mächtiger und tief verwurzelter Baum, der unaufhörlich weiterwächst.
Durch sein Verhalten bot er den lebenden Beweis, dass Machtpositionen kleingeistige Menschen noch kleingeistiger und große Menschen noch größer machen.
Der „gefährliche Kriminelle“, der 27 Jahre lang wegen Hochverrats inhaftiert gewesen war, war aus dem Gefängnis gekommen, um der Präsident seines Landes zu werden. Er verkörperte die Tatsache, dass die Gerechtigkeit, die so viele Jahrzehnte weggesperrt worden war, endlich wieder die Oberhand in Südafrika gewonnen hatte.
Er behielt sein Lächeln und seinen Humor während unseres ganzen Gesprächs bei. Selbst im Gefängnis war er ein Meister der Kunst, die Moral seiner Mitinsassen durch seinen Humor aufrecht zu erhalten.
Mandela-Universität
Die Intensität und das Ausmaß seines Kampfes übersteigen jede Vorstellungskraft. Seine Inhaftierung zog sich 27 lange Jahre hin, mehr als zehntausend Tage. Wie er selbst formulierte: „Die Gefängnisse von Südafrika hatten das Ziel, uns zu verkrüppeln, sodass wir nie wieder die Stärke und den Mut finden sollten, für unsere Ideale aufzustehen.“
Die Häftlingskleidung auf Robben Island, Südafrikas berüchtigstem Hochsicherheitsgefängnis für politische Gefangene, war bewusst so gestaltet, dass sie die Inhaftierten ihrer Würde berauben sollte. So erhielten einige viel zu große sackartige Kleidung, während andere sich in so kleine Kleider zwängen mussten, dass sie aussahen wie Kinder. Das Essen war für menschliche Ernährung völlig ungeeignet und das Bettzeug – papierdünne Decken – bot keinerlei Schutz gegen die unerbittliche Winterkälte. Die Gefangenen wurden vor dem Morgengrauen zu einem Tag harter Zwangsarbeit geweckt, die manchmal auch den Bau ihrer eigenen Gefängniszellen bedeutete.
Zurück in seiner Isolierzelle, in der man von Wand zu Wand kaum drei Schritte gehen konnte, verging die Zeit so quälend langsam, dass Mandela, wie er sich erinnerte, „einem eine Stunde wie ein Jahr vorkam“.
13 Jahre lang wurde er zur Arbeit im Kalksteinbruch gezwungen. Er wurde in Ketten zum Steinbruch geführt und musste dort ungeschützt in der sengenden Sonne Kalkstein aus den harten Felsen schlagen. Oft blieb der Stein mehrere Schläge lang für die Spitzhacke und den Hammer undurchdringlich. Die Stöße ließen seine Hände taub werden. Die Aufseher jedoch, von denen einer eine Hakenkreuz-Tätowierung auf seinem Handgelenk trug, brüllten ihn an, noch härter zu arbeiten. Im Lauf der Zeit schädigte der Staub des Kalksteins seine Augen.
Die Gefängnisregeln waren grausam und demütigend. Dass die Regeln der Willkür der Wärter unterworfen waren, machte die Sache nur noch schlimmer und nahm den Gefangenen jede Hoffnung auf eine faire Behandlung.
Selbst unter diesen höllengleichen Umständen gelang es Mandela zu studieren. Er ermutigte die anderen Häftlinge, ihr Wissen untereinander zu teilen und miteinander über ihre Ideen zu diskutieren. Heimlich wurden Vorlesungen organisiert, und das Gefängnis bekam den Spitznamen „Mandela-Universität“.
Mandela ließ niemals in seinen Bemühungen nach, fehlgeleitete Sichtweisen richtigzustellen und unter den Menschen um ihn herum nach Verbündeten zu suchen. Letztendlich erntete er sogar durch seinen unbesiegbaren Geist den Respekt der Wärter.
Die weit grausamste Folter, die er zu ertragen hatte, war, dass er seiner Familie in keiner Weise zu Hilfe kommen oder sie vor den quälenden Drangsalierungen durch die Behörden schützen konnte. Das Zuhause der Familie wurde in Brand gesetzt, und seine Frau wurde immer wieder schikaniert, inhaftiert und brutal verhört. Während der Apartheid konnte die afrikanische Regierung jede Person willkürlich verhaften und in Gewahrsam nehmen. Diese Praktik forderte zahllose Opfer, nicht zuletzt die zahllosen südafrikanischen schwarzen Kinder, die auf diese Weise ein oder gar beide Elternteile verloren und verwaist aufwachsen mussten.
Mandela erfuhr im Gefängnis, dass seine Mutter an einem Herzinfarkt gestorben war. Die Vorstellung, dass sie in der Sorge um seine Sicherheit gestorben war – die Sorge, die sie all die langen Jahre seines Kampfes für Freiheit und Würde mit sich getragen hatte – erfüllte ihn mit tiefem Schmerz. Kurze Zeit später wurde ihm mitgeteilt, dass sein ältester Sohn unter äußerst fragwürdigen Umständen, angeblich bei einem Autounfall, getötet worden war. Diese Nachricht war selbst für Nelson Mandela kaum mehr zu ertragen. In der Nacht trauerte er einsam.
Wiedersehen mit der Hoffnung
Trotz alledem weigerte er sich, die Hoffnung aufzugeben. 1978, als er bereits 16 Jahre lang inhaftiert war, konnte er endlich seiner Tochter Zeni begegnen. Sie hatte einen Prinzen aus Swasiland geheiratet und durch den damit einhergehenden Diplomatenstatus das Privileg eines Treffens von Angesicht zu Angesicht erlangt, ohne die dicken Mauern und das Sicherheitsglas, die sie bis dahin getrennt hatten.
Zeni brachte ihre neugeborene Tochter mit. Als er seine Tochter umarmte, wurde Mandela von seinen Emotionen überwältigt: Das letzte Mal, als er sie umarmt hatte, war seine Tochter noch so klein wie der Säugling, den sie nun mitgebracht hatte. Während des Besuchs hielt er seine Enkelin in den Armen. Später schrieb er: „Ein neugeborenes Baby, so zart und verletzlich, mit meinen rauen Händen zu halten, Hände, die viel zu lange nur Spitzhacke und Schaufel halten durften, war eine tiefgreifende Freude. Ich glaube nicht, dass ein Mann jemals glücklicher darüber war, ein Baby zu halten, als ich an diesem Tag.“
Zeni bat ihn, dem Kind einen Namen zu geben. Er entschied sich für Zaziswe, „Hoffnung“. Hoffnung war seine ständige Begleiterin, die Freundin, die in seiner Zeit im Gefängnis treu an seiner Seite geblieben war. Der Anblick seiner Enkelin ließ ihn an die Zukunft denken. Wenn das Mädchen erwachsen sein würde, würde die Apartheid nur noch eine entfernte Erinnerung sein in einem Land, das nicht von Weißen oder Schwarzen regiert werden würde, sondern in dem alle Menschen gleichberechtigt und in Harmonie leben würden. Er stellte sich vor, wie Zaziswe und ihre Generation stolz und ohne Angst unter der Sonne der Freiheit lebten. Diese Gedanken wirbelten durch seinen Kopf, als er das winzige Baby „Hoffnung“ nannte.
Unsichtbare Menschlichkeit
Als Präsident Mandela und ich uns 1990 das erste Mal trafen, schlug ich vor, eine Reihe von Programmen zu organisieren, um die japanische Öffentlichkeit über die Apartheid zu informieren und Bildung in Südafrika zu fördern. Präsident Mandela nahm diesen Vorschlag mit großer Freude an. Sein Sekretär, Ismail Meer, sagte, dass dieses Angebot eines kulturellen Austausches eine begrüßenswerte Anerkennung der Afrikaner als Menschen darstellte. Dies, so sagte er, sei ihnen in Südafrika so lange verwehrt worden. Vielmehr seien die Menschen in Südafrika erniedrigt worden, weil sie gezwungen wurden, sich als „schwarz“ registrieren zu lassen. Seine Worte rückten das Leid, dass sie ertragen mussten, schmerzlich in mein Bewusstsein.
Die Tendenz, Menschen abzustempeln, gibt es nicht nur in Südafrika. Solche vorurteilsbehafteten Haltungen sind überall die Wurzel von Menschenrechtsverletzungen. Die Klassifizierung von Menschen vermindert unsere Fähigkeit, ihre Gedanken und Gefühle nachzuvollziehen. Wir können uns nicht mehr in sie hineinversetzen. Wir hören auf, sie als Individuen und Mitmenschen wahrzunehmen. Sie stehen direkt vor uns, aber wir sehen sie nicht mehr.
Die weiße Minderheitsregierung hing leidenschaftlich der Überzeugung an, dass die Schwarzen eine ignorante Menschenmasse wären, unfähig, eigenständig zu denken. Dies führte zu der absurden Annahme, dass jedweder Protest zwangsläufig von einer kleinen Gruppe aus Anführern angestachelt und kontrolliert sein müsste. Daher richtete sich der Angriff der Machthabenden auf die Führungskräfte des African National Congress (ANC). Dieser verlieh jedoch nur der Wut, den Gebeten und der Hoffnung der Millionen von Menschen eine Stimme.
Spaltung des Kontinents
Der Unwille, die Lebenswirklichkeit der Menschen zu sehen – die Menschlichkeit der Afrikaner anzuerkennen – lässt sich auf der Landkarte des heutigen Afrikas mit dem Finger nachzeichnen. Warum hat man in einem Kontinent von einer dermaßen reichen ökologischen, geographischen und menschlichen Vielfalt die Ländergrenzen einfach mit dem Lineal gezogen? Viele dieser Grenzen haben ihren Ursprung in der Berlin-Konferenz im Jahr 1885, auch als Konferenz der Zerteilung von Afrika bekannt. In dieser Konferenz teilten die europäischen Großmächte den Kontinent im Sinne ihrer politischen und kolonialen Interessen auf. Die Menschen, die dort lebten, spielten bei diesen Überlegungen keine Rolle.
Zusammengehörende Gruppen von Menschen, die dieselbe Kultur und Sprache teilten, wurden auseinandergerissen. Hirtengemeinschaften beispielsweise, die bisher abhängig von den Weidebedingungen frei umhergezogen waren, fanden sich auf einmal auf zwei gegensätzlichen Seiten einer nationalen Grenze wieder. Gleichzeitig wurden auf einmal Menschen, die bisher nicht viel gemeinsam hatten, in neuen politischen Einheiten zusammengewürfelt. Dies ist ein Schlüsselfaktor in der daraus resultierenden Geschichte zahlloser Bürgerkriege und internationaler Konflikte in Afrika.
Die zutiefst willkürliche Beschaffenheit dieser Grenzen wird an der Linie deutlich, durch die Kenia und Tansania auf der Berlin-Konferenz voneinander abgetrennt wurden. Die ansonsten schnurgerade Grenze verläuft in einem Bogen um den Kilimandscharo, um den Berg tansanischem Territorium zuzuschlagen. Laut einer alten Geschichte liegt der Grund dafür im Geburtstag des deutschen Kaisers, der gefragt worden war, was er sich denn zum Geburtstag wünsche. Er antwortete, dass er sich nichts weiter als ein paar schneebedeckte afrikanische Berggipfel wünsche. Ungeachtet der historischen Korrektheit dieser Geschichte spiegelt es die Haltung derjenigen sehr treffend wider, die an der Aufteilung von Afrika beteiligt waren.
Afrika ist kein „dunkler Kontinent“. Diese Dunkelheit kam von außen. Afrika ist auch kein armer Kontinent. Es wurde durch habgiergetriebene Ausbeutung arm gemacht. Es ist nicht unterentwickelt. Seine natürliche Entwicklung wurde so beeinträchtigt, wie eine Person beeinträchtigt ist, deren Arme und Beine abgetrennt wurden.
Während des Kalten Krieges wurde Afrika dann zur Bühne von Stellvertreterkriegen der Ost- und Westmächte, und die Waffenhändler der Weltmächte verdienten reichlich daran. Hinter den Hungersnöten, die den Kontinent beutelten, standen die Konzerne, die ein Monopol auf die Verteilung von Nahrungsmitteln errichteten. Diese menschengemachte Armut wiederum führte zu noch mehr internen Konflikten.
Und was hatte der Rest der Welt den Menschen von Afrika zu sagen, die so viel erdulden mussten? Sie nannten Afrika einen Versager. Was für eine unbeschreibliche Arroganz!
Mit dem Wissen um diese Geschichte ist es die Weltgemeinschaft Afrika schuldig, dieses Land des größten Leids in einem gemeinsamen Kraftakt in das Land des größten Glücks zu verwandeln. Denn dort leiden Mitglieder unserer Menschenfamilie; sie kämpfen um ihre Menschenwürde.
Gleiche Rechte für alle
„Der Kampf ist mein Leben.“ Mit dieser Überzeugung verwandelte Mandela sogar den Gerichtssaal, in dem über ihn verhandelt wurde, in den Schauplatz seines Kampfes für seine mutig artikulierten Ideen und seine gut formulierten Appelle an die Gerechtigkeit. Im Angesicht des Richters verlangte er die Ausweitung des Wahlrechts auf alle Südafrikaner. Er erklärte: „Ich sehe mich weder rechtlich noch moralisch zur Einhaltung von Gesetzen verpflichtet, die von einem Parlament verabschiedet wurden, in dem es keine Vertreter für mich gibt.“
Auch von seiner Gefängniszelle aus inspirierte Mandela weiterhin die Menschen von Südafrika. Obwohl er nicht mit ihnen kommunizieren konnte, war schon seine bloße Existenz eine Quelle der Hoffnung. Die Sonne scheint hell, egal wie dick die Wolken sind, die sich vor sie schieben.
Die Weltgemeinschaft brachte ihre Abscheu der Apartheid gegenüber zum Ausdruck und unterstütze diejenigen, die gegen sie Widerstand leisteten, durch wirtschaftliche Sanktionen oder den Boykott kultureller und sportlicher Veranstaltungen. Dadurch unter Druck gesetzt, bot die südafrikanische Regierung Nelson Mandela mehrfach eine vorzeitige Entlassung an. Mandela wies dieses Angebot grundsätzlich zurück, da es die Integrität der Bewegung infrage gestellt hätte. Er lehnte es ab, freizukommen, solange Teile der Bevölkerung weiterhin unterdrückt würden. In seinen Augen war das ganze Land ein Gefängnis.
Regenbogennation
Und dann, endlich, kam am 11. Februar 1990 der Tag seiner Freilassung. Noch am selben Tag nahm er an einer Demonstration in Cape Town teil. Er reagierte mit folgenden Worten auf die stürmische Begeisterung der Menge: „Ich stehe hier nicht als Prophet, sondern als bescheidener Diener von euch, dem Volk. Eure unermüdlichen und heroischen Opfer haben es ermöglicht, dass ich heute hier bin. Deshalb lege ich die verbleibenden Jahre meines Lebens in eure Hände.“
Präsident Mandela träumt von einem Land, das nicht von Schwarzen oder Weißen regiert wird, sondern von einer „Regenbogennation“, in der alle Menschen gleichbehandelt werden. Er sagt: „Es ist ein Ideal, für das ich lebe und das ich zu erreichen hoffe. Aber wenn es sein muss, ist es ein Ideal, für das ich auch zu sterben bereit bin.“
Ich glaube, dass ich während unseres zweiten Treffens einen tieferen Einblick in die Beweggründe dieses großen Anführers erhalten habe. Präsident Mandela sagte mir, dass er niemals vergaß, wie warmherzig er bei unserer ersten Begegnung von den jugendlichen Mitgliedern der Soka Gakkai empfangen worden sei. Er betonte dabei das Leuchten in ihren Augen. Diese Aussage fiel mir auf. Woran dachte er, als er diese Worte sprach?
Dachte er dabei vielleicht an all diejenigen, denen unter der Apartheid der Zugang zu Bildung verwehrt worden war? Studierende wie Onkgoposte Ramothibi Tiro. Tiro überraschte im April 1972 die Anwesenden einer Abschlussfeier der Nord-Universität mit seiner offenen Kritik an der rassistischen Bildungspolitik der Regierung. Diese zielte auf die systematische Erniedrigung der afrikanischen Studierenden ab. Der Tag werde kommen, rief er aus, „an dem wir alle frei sein und die Luft der Freiheit atmen werden, die sie atmen können, und wenn dieser Tag kommt, wird niemand mehr den Lauf der Dinge aufhalten können, egal wie viele Panzer er besitzt.“ Wegen dieser Ansprache wurde Tiro der Universität verwiesen, blieb aber weiterhin aktiv in der Leitung der südafrikanischen Studentenbewegung. In seinem Exil, im benachbarten Botswana, öffnete er am 4. Februar 1974 ein Päckchen, das ihm mit der Post zugestellt worden war. Das Päckchen explodierte und tötete ihn. Er war nur 28 Jahre alt geworden. Sein Lebensmotto hatte gelautet: „Besser für eine lebenswerte Idee sterben als für eine todgeweihte Idee leben.“
Als Nelson Mandela 1992 zum Kanzler der Nord-Universität ernannt wurde, pries er den Mut der Studierenden, die trotz der Gefahr der Inhaftierung oder dem Risiko, ins Exil gehen zu müssen, ihren Kampf gegen die Apartheid fortgesetzt hatten. Ganz oben auf der Liste dieser jungen Helden stand der Name Onkgoposte Ramothibi Tiro.
„Sie sind bei mir“
Die ersten rassenunabhängigen Wahlen in Südafrika, an denen alle Bürgerinnen und Bürger teilnehmen konnten, fanden im April 1994 statt. Auf dem Weg zur Wahlkabine kamen Nelson Mandela all diejenigen in den Sinn, die auf dem Weg zur Freiheit ihr Leben gelassen hatten, einer nach dem anderen. Männer, Frauen und Kinder, die ihr Leben gegeben hatten, damit er und alle anderen südafrikanischen Menschen nun an diesem Punkt stehen konnten.
„An diesem 27. April ging ich nicht allein zur Wahl. Ich gab meine Stimme mit all diesen Menschen zusammen ab.“ Die tiefgreifendsten Philosophien entstehen in den Menschen, die die härteste Unterdrückung erleben mussten. In Mandelas eigenen Worten: „Es war in diesen langen und einsamen Jahren, dass mein Hunger nach Freiheit meiner eigenen Leute zum Hunger nach Freiheit für alle Menschen, schwarz und weiß, wurde. Wenn mir irgendetwas klar wurde, dann, dass die Unterdrücker genauso wie die Unterdrückten befreit werden mussten. Ein Mensch, der einem anderen Menschen die Freiheit raubt, ist ein Gefangener des Hasses, der hinter den Gittern der Vorurteile und der Engstirnigkeit eingesperrt ist. Die Unterdrückten und die Unterdrücker sind ihrer Menschlichkeit gleichermaßen beraubt.“
Niemand kann uns die Tiefe der Bedeutung von Freiheit besser näherbringen als dieser Mann, der sein halbes Erwachsenenleben im Gefängnis verbracht hat. Das Wesen der Freiheit liegt in einer unerschütterlichen Überzeugung. Nur diejenigen, die ihren Überzeugungen treu bleiben und deren Glaube sie befähigt über die Einschränkungen durch jedwede Umstände hinauszuwachsen, sind wahrhaft frei. Wie Präsident Mandela sagt: „Frei zu sein bedeutet nicht nur das Ablegen seiner eigenen Ketten, sondern so zu leben, dass man die Freiheit der anderen respektiert und stärkt.“
Präsident Mandelas Kampf für das Ende der Apartheid – sein Kampf für die Rechte aller Menschen – ist in Wahrheit der Kampf der gesamten Menschheit. Er ist ein Kampf für die Seele der Menschenwürde. In meinen Augen nahmen er und die anderen Vorkämpfer der Freiheit in Südafrika diesen Kampf stellvertretend und im Auftrag für die gesamte Menschheit auf.
aus einer Serie von Essays von Daisaku Ikeda, die 2004 auf Englisch in dem Buch One by One erschienen sind