Die Einheit von Gut und Böse

Ein Beitrag der FORUM-Redaktion veröffentlicht in der Ausgabe November/Dezember 2023 (257), „Die Dynamik von Gut und Böse“

In der Gesellschaft nehmen Hass, Intoleranz und Gewalt zu. Warum scheint das Böse immer zu siegen? Und können wir ihm nicht etwas entgegensetzen?

Das Lotos-Sutra verdeutlicht die Herangehensweise bzw. den Umgang des Buddhas mit „dem Bösen“ anhand des Beispiels von Devadatta. Devadatta war ein Schüler von Shakyamuni, versuchte jedoch, diesen zu ermorden und eine Spaltung im buddhistischen Orden herbeizuführen. Als eine Anhängerin Shakyamunis, die Nonne Utpalavarna, ihm seine Untaten vorwarf, ließ er sie zu Tode prügeln. So wird es im 12. Kapitel des Lotos-Sutra, dem Kapitel „Devadatta“, beschrieben. Die Legende besagt, dass Davadatta wegen seines Misstrauens und Hasses, seiner Eifersucht und Arroganz anderen gegenüber lebendig in die Hölle gefallen sei. Er war definitiv ein ungeheuer böser Mensch.

Umso erstaunlicher ist es, dass Shakyamuni im Lotos-Sutra ebenfalls offenbart, Devadatta sei in einem vergangenen Leben ein guter Freund und sogar Lehrer gewesen. So heißt es im Lotos-Sutra: „Dass ich die wahre Erleuchtung erlangt habe und weithin die Lebewesen rette, verdanke ich nur Devadatta, der mir ein guter Freund war.“ (LS 12, 184) Nicht nur sieht er davon ab, Devadatta zu verdammen. Sein Mitgefühl ist sogar so groß, dass es bis in die Hölle reicht, in die der leidende Devadatta gefallen ist. Doch welche Haltung Shakyamunis liegt diesem Mitgefühl zugrunde?