Verhinderung des Einsatzes von Atomwaffen als Schritt zu einer friedlichen Welt SGI-Stellungnahme 2025
Zwischen 1983 und 2022 veröffentlichte Daisaku Ikeda, Präsident der Soka Gakkai International (SGI), jährlich Friedensvorschläge zu zentralen globalen Themen wie Abrüstung, Umwelt, Menschenrechten, der Rolle der Frauen und den Vereinten Nationen. Diese Friedensvorschläge wurden jedes Jahr am 26. Januar herausgegeben, dem Jahrestag der Gründung der SGI im Jahr 1975.
Nach dem Tod von Präsident Ikeda im Jahr 2023 hat sich die SGI entschlossen, die von ihrem Mentor initiierten Bemühungen fortzusetzen und regelmäßig Stellungnahmen zu wichtigen Themen zu veröffentlichen. Dies soll dazu beitragen, das öffentliche Bewusstsein für diese Themen zu schärfen und einen globalen Konsens für gemeinsames Handeln zu fördern.
Zu diesem Zweck wurde das SGI Global Perspectives Committee ins Leben gerufen, dem SGI-Verantwortliche aus verschiedenen Regionen der Welt – Asien-Pazifik, Europa, Afrika, Nordamerika und Lateinamerika – angehören. Das Komitee wird von Zeit zu Zeit Stellungnahmen veröffentlichen, die mögliche Lösungsansätze für die zahlreichen globalen Herausforderungen aufzeigen.
Die erste dieser Erklärungen trägt den Titel „Verhinderung des Einsatzes von Atomwaffen als Schritt zu einer friedlichen Welt“ und konzentriert sich auf Vorschläge für ein Versprechen zum Ersteinsatzverzicht von Atomwaffen sowie die Einrichtung eines Zentrums zur Verhütung von Atomkriegen. Beide Vorschläge wurden von SGI-Präsident Ikeda in seinen Friedensvorschlägen formuliert. Die Veröffentlichung dieser Erklärung erfolgt im Vorfeld des 50. Jahrestages der Gründung der SGI.
In diesem Jahr jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum achtzigsten Mal. Angesichts der anhaltenden Krise in der Ukraine sind die Spannungen im Hinblick auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen dramatisch gestiegen. Gleichzeitig dauern die bewaffneten Konflikte im Nahen Osten, einschließlich Gaza, unvermindert an. Die Zahl der Opfer in der Zivilbevölkerung und das menschliche Leid nehmen zu, während sich die humanitäre Lage weiter verschärft.
Wir fordern nachdrücklich ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen und appellieren an die internationale Gemeinschaft, ihre diplomatischen Bemühungen zur Erreichung dieses Ziels zu verstärken. Ebenso sollten alle Staaten zusammenarbeiten, um humanitäre Hilfe zu leisten und den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete sowie die Unterstützung der betroffenen Menschen sicherzustellen. Neben diesen und weiteren Konflikten verschärfen sich globale Herausforderungen wie die Klimakrise, Armut und Umweltzerstörung, die einen düsteren Schatten auf unsere Zukunft werfen.
Dennoch sollten wir uns nicht von Pessimismus überwältigen lassen. In seinem letzten Friedensvorschlag im Januar 2022 erklärte SGI-Präsident Daisaku Ikeda eindringlich, dass der Mensch von Natur aus die Fähigkeit besitzt, die scheinbar undurchdringliche Dunkelheit, die über der Welt liegt, zu vertreiben und den Weg in eine hoffnungsvolle Zukunft zu erleuchten. Wir, die Mitglieder der SGI-Gemeinschaft, teilen diesen Geist und diese Überzeugung.
In diesem Jahr jährt sich am 26. Januar das fünfzigste Gründungsjubiläum der Soka Gakkai International, die 1975 auf der Insel Guam ins Leben gerufen wurde. Ab 1983, dem Jahr, in dem die SGI als Nichtregierungsorganisation (NGO) beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen registriert wurde, veröffentlichte Präsident Ikeda insgesamt vierzig jährliche Friedensvorschläge zum 26. Januar. Während wir nun in die nächsten fünfzig Jahre aufbrechen, wird die SGI weiterhin Stellungnahmen zu global bedeutenden Themen veröffentlichen. Damit setzen wir die von unserem Mentor durch seine Friedensvorschläge initiierte Herausforderung fort, eine Ära des Respekts vor der Würde des Lebens zu schaffen. Aus diesem Anlass möchten wir das Thema Atomwaffen ansprechen, das in den Friedensvorschlägen von Präsident Ikeda eine zentrale Rolle spielt.
In diesem Jahr, das zugleich das achtzigste Jahr seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki markiert, wird im März die dritte Sitzung der Vertragsstaatenkonferenz zum Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (TPNW) stattfinden. Zudem wird im April und Mai im UN-Hauptquartier in New York die dritte Sitzung des Vorbereitungskomitees für die Überprüfungskonferenz 2026 der Vertragsparteien des Atomwaffensperrvertrags (NPT) abgehalten. Diese beiden Treffen bieten eine entscheidende Gelegenheit, die Diskussion über die Bedrohung durch den Einsatz von Atomwaffen und ihre zutiefst unmenschliche Natur weiter zu intensivieren. Das Risiko, dass Atomwaffen tatsächlich eingesetzt werden, ist heute höher als zu jedem Zeitpunkt seit dem Ende des Kalten Krieges. In diesem Zusammenhang möchten wir zwei konkrete Vorschläge unterbreiten, die mit Dringlichkeit umgesetzt werden sollten. Der erste besteht darin, Staaten dazu aufzurufen, eine Verpflichtung zum Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen (No First Use) abzugeben. Der zweite Vorschlag zielt auf die Einrichtung eines Zentrums zur Verhütung eines Atomkriegs ab.
Verpflichtungen zum Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen
Der TPNW, den wir ausdrücklich unterstützen, stellt unmissverständlich klar, dass die vollständige Abschaffung von Atomwaffen der einzige Weg ist, um sicherzustellen, dass sie unter keinen Umständen jemals wieder eingesetzt werden. Ausgehend von diesem Grundsatz fordern wir die fünf Unterzeichnerstaaten des NPT, die als Atomwaffenstaaten anerkannt sind – die Vereinigten Staaten, Russland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und China – dazu auf, einen Dialog zu beginnen, der darauf abzielt, Vereinbarungen über Verpflichtungen zum Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen (No First Use) zu erzielen. Dies wäre ein erster Schritt, um explizite Grenzen für diese Waffen zu setzen, die niemals eingesetzt werden dürfen.
Wie Präsident Ikeda in seinem Vorschlag zur Zweiten Sondertagung der UN-Generalversammlung zur Abrüstung (SSOD-II) im Juni 1982, ein Jahr bevor er mit der Veröffentlichung seiner jährlichen Friedensvorschläge begann, erklärte:
„Die Situation ist jetzt kritisch. Wenn wir uns nicht mit der potenziellen Gefahr eines Atomkriegs auseinandersetzen, wird das Überleben der Menschheit ernsthaft bedroht sein. … Aus der Perspektive, dass Atomwaffen ein absolutes Übel sind, ist es unerlässlich, auf das langfristige Ziel ihrer Abschaffung hinzuarbeiten. Allerdings würde es nur eine einzige Person erfordern, die den roten Knopf drückt, um alles zu beenden, lange bevor dieses Ziel erreicht werden kann.“
Dies war eine Zeit, die an die heutige Situation erinnert: Die Welt war zutiefst erschüttert von der wachsenden Besorgnis, dass Atomwaffen eingesetzt werden könnten. Die sowjetische Invasion in Afghanistan im Dezember 1979 hatte die Spannungen des Kalten Krieges neu angeheizt, und US-Präsident Ronald Reagan deutete im Oktober 1981 die Möglichkeit eines begrenzten Atomkriegs in Europa an.
Senji Yamaguchi, Mitvorsitzender von Nihon Hidankyo (Rat der japanischen Opfer von Atom- und Wasserstoffbomben), sprach auf der SSOD-II als erster Atombombenüberlebender vor den Vereinten Nationen. In einem eindringlichen Appell rief er: „Nie wieder Hiroshima, nie wieder Nagasaki, nie wieder Krieg, nie wieder Hibakusha!“
Im Geist dieses Aufschreis haben die Hibakusha von Hiroshima und Nagasaki weiterhin die Welt über die verheerenden Folgen des Atombombeneinsatzes aufgeklärt. Dank dieser Bemühungen, zusammen mit denen von Hibakusha aus der ganzen Welt, die von Atomtests und -entwicklungen betroffen sind, und zahlreicher zivilgesellschaftlicher Gruppen, wurde nicht nur im Juli 2017 der TPNW verabschiedet, sondern bis heute auch ein weiterer Einsatz von Atomwaffen in Kriegen verhindert. Bedauerlicherweise bleibt das Risiko ihres Einsatzes bestehen. Tatsächlich gibt es ernsthafte Befürchtungen, dass Atomwaffen zunehmend als „einsetzbare Waffen“ betrachtet werden, wie die scheinbare Berücksichtigung ihres Einsatzes in laufenden Konflikten der letzten Jahre zeigt.
Nihon Hidankyo, eine Organisation, die sich der Weitergabe von Augenzeugenberichten über die tatsächlichen Auswirkungen von Atombombenabwürfen widmet, wurde im Dezember 2024 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Dies ist ein Zeichen für die hohe Wertschätzung, die die internationale Gemeinschaft Nihon Hidankyo für die unermüdlichen, jahrzehntelangen Anstrengungen seiner Mitglieder entgegenbringt. Gleichzeitig unterstreicht diese Auszeichnung die tiefe Besorgnis über die zunehmende Bedrohung durch den Einsatz von Atomwaffen.
Im Einklang mit dem unerschütterlichen Willen der Hibakusha, dass niemand auf der Erde jemals wieder die Schrecken von Atomwaffen erleiden soll, hat die SGI eine Sammlung von Erfahrungsberichten und Videointerviews von Überlebenden aus Hiroshima und Nagasaki veröffentlicht. Darüber hinaus setzt sich die SGI als zivilgesellschaftliche Akteurin konsequent und aktiv für das Verbot und die Abschaffung von Atomwaffen ein.
Der Ausgangspunkt dieser Aktivitäten war die Erklärung zur Abschaffung von Atomwaffen, die im September 1957 von Josei Toda, dem zweiten Präsidenten der Soka Gakkai, abgegeben wurde. In einer Zeit, in der das Wettrüsten mit Atomwaffen zur Entwicklung interkontinentaler ballistischer Raketen (ICBMs) führte und einen Atomangriff auf jeden Ort der Welt möglich machte, betonte Präsident Toda, dass Atomwaffen, die das grundlegende Recht der Menschen auf Leben bedrohen, ein absolutes Übel sind. Er widersprach entschieden der Vorstellung, dass sie ein notwendiges Übel seien, das je nach Situation eingesetzt werden könne. Auf Grundlage dieser Erklärung setzen wir uns dafür ein, das öffentliche Bewusstsein zu schärfen – durch Aktivitäten wie Ausstellungen, die das Verbot von Atomwaffen fordern und deren zutiefst unmenschliche Natur sowie die Bedrohung, die sie darstellen, verdeutlichen. Diese Aktivitäten wurden in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt, darunter die Pugwash-Konferenzen für Wissenschaft und Weltangelegenheiten sowie die Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW).
Auf Präsident Ikedas Vorschlag zur Stärkung der Vereinten Nationen im Jahr 2006 hin startete die SGI 2007 die „People’s Decade for Nuclear Abolition“, eine weltweite Graswurzelkampagne. Ziel war es, gemeinsam mit der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) ein völkerrechtliches Abkommen zur Ächtung von Atomwaffen zu erreichen. Nach der Verabschiedung des Vertrags über das Verbot von Atomwaffen (TPNW) im Jahr 2017 initiierte die SGI 2018 eine zweite „People’s Decade for Nuclear Abolition“, um als zivilgesellschaftliche Bewegung internationale Unterstützung für den Vertrag zu gewinnen und dessen Prinzipien weltweit zu verbreiten.
Die für die erste Jahreshälfte geplanten Treffen der Vertragsstaaten des TPNW und des NPT müssen das „nukleare Tabu“ wiederbeleben – das seit 1945 über Jahrzehnte entwickelte gemeinsame Verständnis in der internationalen Gemeinschaft, dass Atomwaffen niemals eingesetzt werden dürfen. Diese Zusammenkünfte müssen zu konstruktiven Beratungen über Maßnahmen zur Verhinderung des Einsatzes von Atomwaffen führen und erneut die zutiefst unmenschliche Natur dieser Waffen in den Fokus rücken. Wir fordern insbesondere das NPT-Vorbereitungskomitee auf, die Diskussion über Verpflichtungen zum Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen weiter voranzutreiben, aktiv Perspektiven über die Herausforderungen auszutauschen, die überwunden werden müssen, und notwendige institutionelle Sicherheiten zu erörtern.
Das von Präsident Ikeda im Jahr 1996 gegründete Toda Peace Institute hat daran gearbeitet, die Diskussion zu diesem Thema zu fördern. Im Jahr 2023 organisierte die SGI eine Nebenveranstaltung mit dem Titel „Ersteinsatzverzicht als Weg zur atomaren Abrüstung“ während der ersten Sitzung des Vorbereitungskomitees für die NPT-Überprüfungskonferenz 2026. Im Dezember 2024, während der Nobelwoche, organisierten die Universität Oslo, Peacebook und die SGI gemeinsam ein hochrangiges Panel zum Thema „Ersteinsatzverzicht“ an der Universität Oslo.
Leider besteht weiterhin eine starke Zurückhaltung gegenüber Verpflichtungen zum Ersteinsatzverzicht, nicht nur unter den Atomwaffenstaaten, sondern auch in den von ihnen abhängigen Staaten, die unter dem „Schutzschirm“ eines atomar bewaffneten Verbündeten stehen. Der Grund dafür liegt in der Befürchtung, dass selbst wenn ein Staat sich an diese Verpflichtung hält, ein anderer Staat plötzlich davon abweichen könnte. Zweifel und Unsicherheiten in Bezug auf das Verhalten anderer Nationen lassen sich möglicherweise niemals vollständig ausräumen. Dennoch muss betont werden, dass solche Verpflichtungen im Vergleich zur derzeitigen Situation das Maß an Besorgnis erheblich reduzieren würden.
Sechs Monate vor der Verabschiedung des TPNW verwies Präsident Ikeda in seinem Friedensvorschlag von Januar 2017 auf eine buddhistische Erkenntnis, um die Theorie der nuklearen Abschreckung in Frage zu stellen:
„Ich möchte folgende Worte Shakyamunis zitieren, die er sprach, als er einen Konflikt zwischen zwei Stämmen über Wasservorräte schlichtete: ‚Seht euch diejenigen an, die kämpfen, bereit zu töten! Angst befällt die, die Waffen aufnehmen und sich auf den tödlichen Schlag vorbereiten.‘ Es ist bemerkenswert, wie Shakyamuni die Gefühle derer beschreibt, denen eine feindliche Auseinandersetzung bevorsteht: Sie greifen nicht aus Angst vor den Feindinnen und Feinden zu den Waffen, sondern ihre Angst entwickelt sich erst in dem Moment, in dem sie die Waffen aufnehmen. Zuvor empfanden sie vielleicht Wut auf die Gegnerinnen und Gegner, die ihnen das Wasser streitig machten. Aber Angst verspürten sie erst, als sie schließlich bewaffnet waren und zum tödlichen Schlag ausholten.“
Die Zeiten, in denen wir leben, mögen sich verändert haben, aber der menschliche Geist hat sich bestimmt nicht so sehr verändert. Wenn man die Herausforderung, die nukleare Waffenpolitik zu verändern, durch die Linse von Shakyamunis Erkenntnis betrachtet, wird deutlich, dass es zwar vielleicht nicht sofort möglich ist, diese Massenvernichtungswaffen zu beseitigen, aber wenn Nationen aufhören, sich ständig mit einsatzbereiten Waffen zu konfrontieren, können sie beginnen, sich aus dem gegenwärtigen Zustand ständiger, wechselseitiger Bedrohung zu befreien.
Auch wenn es schwierig sein mag, sofort eine dauerhafte Verpflichtung zum Ersteinsatzverzicht zu erreichen, könnten Staaten durchaus damit beginnen, sich auf einjährige Moratorien zu verständigen. Wenn dieser erste Schritt einmal getan und das Versprechen Jahr für Jahr erneuert wird, würden die Argumente für die Fortsetzung eines endlosen atomaren Wettrüstens allmählich an Bedeutung verlieren. Dies würde einen Weg zur Reduzierung der Bedrohung ebnen und diese Waffen nicht nur den Atomwaffenstaaten und denjenigen Staaten, die von ihnen abhängig sind, entziehen, sondern der gesamten Menschheit.
Zentrum zur Verhütung von Atomkriegen
Unser zweiter Vorschlag ist die Einrichtung eines internationalen Zentrums zur Verhütung von Atomkriegen. Die Verpflichtung zum Ersteinsatzverzicht würde die Atomwaffenstaaten und diejenigen Staaten, die von ihnen abhängig sind, zwangsläufig dazu anregen, ihre nationalen Sicherheitsstrategien grundlegend zu überdenken. In diesem Zusammenhang wird es entscheidend sein, Systeme und Maßnahmen zu entwickeln, die darauf abzielen, die Ängste und Bedenken dieser Länder abzubauen. Eine mögliche Maßnahme, die wir hervorheben möchten, ist die Idee eines Zentrums zur Verhütung von Atomkriegen – ein Vorschlag, den Präsident Ikeda bereits in seinem ersten Friedensvorschlag von 1983 unterbreitete, zusammen mit der Aufforderung, das atomare Wettrüsten zu beenden und ein Gipfeltreffen zwischen den Führungspersonen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion schnell einzuberufen. Er beschrieb die Aufgaben eines solchen Zentrums folgendermaßen:
„Das Zentrum könnte mit hochrangigen militärischen, politischen und wirtschaftlichen Experten besetzt werden, um eine Vielzahl von Informationen mit modernster Computertechnologie und Satellitenkommunikationsnetzwerken zu sammeln und zu analysieren, um kritische Situationen schnell zu erkennen und Deeskalationsmaßnahmen zu ergreifen.“
Ein solcher Mechanismus zur Verhütung des Einsatzes von Atomwaffen ist genau das, was die Welt heute braucht. Es gibt ein historisches Vorbild: Ein Versuch, ein solches Zentrum einzurichten, wurde bereits von den Vereinigten Staaten und Russland unternommen. 1998 vereinbarten Präsident Bill Clinton und Präsident Boris Jelzin, Informationen im Zusammenhang mit dem Start ballistischer Raketen zu teilen. Dies bildete die Grundlage für ein Memorandum of Agreement, das 2000 von Präsident Clinton und Präsident Wladimir Putin unterzeichnet wurde und zur Initiierung des ersten gemeinsamen Projekts führte, an dem militärische Experten beider Länder beteiligt waren.
Das Projekt wurde später aufgrund politischer Veränderungen ausgesetzt, doch der ursprüngliche Plan sah vor, dass Experten aus beiden Ländern rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, in einem Zentrum in Moskau stationiert werden, um Informationen aus ihren jeweiligen Raketenstart-Warnsystemen auszutauschen.
Die Grundlage für dieses Projekt bildete die Erfahrung, militärische Experten beider Länder in einem temporären Zentrum in Colorado zu stationieren, um Bedenken auszuräumen, dass Computerfehler – das sogenannte Jahr-2000-Problem (Y2K) – auch den militärischen Bereich betreffen und zu versehentlichen Raketenstarts führen könnten. Vertreter beider Länder zogen eine positive Bilanz aus dieser Erfahrung, die unterstreicht, wie wichtig es für die Verringerung des Risikos eines Atomkriegs ist, dass Experten aus Atomwaffenstaaten denselben Raum teilen und persönlich kommunizieren.
Aus dieser Perspektive würde das Ziel eines Zentrums zur Verhütung von Atomkriegen nicht nur darin bestehen, Raketenstarts aufgrund falscher Informationen zu verhindern. Durch regelmäßige persönliche Kommunikation könnte es auch als Plattform dienen, um gegenseitiges Vertrauen zwischen den beteiligten Ländern zu fördern und das gemeinsame Verständnis zu vertiefen, dass ein Atomkrieg in jeder Form verhindert werden muss.
Vor drei Jahren, im Januar 2022, gaben die Führungspersonen der Vereinigten Staaten, Russlands, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und Chinas eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie klarstellten, dass ‚keine unserer Atomwaffen aufeinander oder auf einen anderen Staat gerichtet sind.‘ Auf der Grundlage des Geistes dieser gemeinsamen Erklärung fordern wir die Atomwaffenstaaten auf, eine Diskussion über die Einrichtung eines solchen Zentrums zur Verhütung von Atomkriegen zu beginnen.
Selbst wenn es schwierig sein sollte, dass alle fünf Staaten in dieser Angelegenheit gleichzeitig handeln, könnten als ersten Schritt jene Staaten zusammenkommen, die die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verhinderung unvorhergesehener Ergebnisse besonders betonen, um einige der Funktionen umzusetzen. Was den Standort dieses Zentrums betrifft, so könnte es in einem der wichtigen Vertragsstaaten einer der fünf atomwaffenfreien Zonen (NWFZ) – Lateinamerika und Karibik, Südpazifik, Südostasien, Afrika und Zentralasien – mit Unterstützung der Vereinten Nationen errichtet werden.
Für die Atomwaffenstaaten und die Staaten, die von ihnen abhängig sind, würde die Verpflichtung zum Ersteinsatzverzicht sowie die Einrichtung eines Zentrums zur Verhütung von Atomkriegen eine tiefgreifende Neubewertung ihrer nationalen Sicherheitskonzepte erfordern. Die Nicht-Atomwaffenstaaten könnten diese Schritte ihrerseits als zu weit entfernt vom letztendlichen Ziel der nuklearen Abrüstung betrachten. Dennoch ist es angesichts der anhaltenden globalen Konflikte und Spannungen dringend erforderlich, solche Maßnahmen zu ergreifen, wenn wir unsere Zukunft nicht weiter gefährden wollen. Tatsächlich würde dies einen bedeutenden Fortschritt auf dem Weg zum Aufbau einer globalen Gesellschaft des Friedens und der humanen Werte darstellen.
Am 8. September 2009, dem Jahrestag der Erklärung von Präsident Toda zur Abschaffung von Atomwaffen, veröffentlichte Präsident Ikeda einen Vorschlag, der sich gezielt mit den Herausforderungen der atomaren Abrüstung auseinandersetzte. Die folgende Handlungsaufforderung, die das Ende dieses Vorschlags prägte, spiegelt den unerschütterlichen Entschluss und das Engagement der SGI wider, sich der Problematik zu stellen, die von Atomwaffen ausgehen, die das Übel der modernen Zivilisation verkörpern:
„Aus dem festen Entschluss heraus, den Kampf für die nukleare Abrüstung zur Grundlage einer Welt ohne Krieg zu machen, und überzeugt davon, dass die Teilnahme an diesem beispiellosen Unterfangen das größte Geschenk ist, das wir der Zukunft machen können, rufe ich alle Menschen guten Willens dazu auf, gemeinsam auf eine Welt hinzuarbeiten, die endlich frei von der Bedrohung durch Atomwaffen ist.“
Im Einklang mit diesem Geist, der die Jugend – die Protagonisten der Zukunft – in den Mittelpunkt stellt, werden wir weiterhin den Dialog und die Zusammenarbeit mit Menschen aus unterschiedlichen kulturellen und religiösen Kontexten fördern. Wir verpflichten uns, ein starkes Netzwerk der Solidarität aufzubauen, bestehend aus gewöhnlichen Bürgerinnen und Bürgern, die sich der Verwirklichung des „größten Geschenks, das wir der Zukunft machen können“ – einer Welt frei von der Geißel der Atomwaffen – widmen.