Das Wasser in uns
Ein Beitrag der FORUM-Redaktion veröffentlicht in der Ausgabe November/Dezember 2024 (263), „Angst“.
In der westlichen Welt waren wir lange Zeit verschont von größeren Bedrohungen, Missständen und Gefahren. Aber mit der Pandemie, der Inflation und den näher an uns herangerückten Kriegen sieht auch für uns diese Welt inzwischen unberechenbarer aus als noch vor ein paar Jahren. Zudem sind Klimawandel, Artensterben und andere Umweltthemen ebenfalls als Tatsachen in unserem Alltag angekommen.
Diese Veränderungen haben Unsicherheiten und auch Angst mit sich gebracht. Wenn ich mich durstig weiterbilde, immer auf der Suche bin nach neuem Wissen, werde ich mich immer mehr und immer tiefer in ein Thema hineingraben. Dann wird möglicherweise, je mehr ich verstehe, desto mehr auch mein Zweifel genährt. Ich erkenne die Komplexität einer Sache und was mir vorher eindeutig erschien, wird immer unschärfer. Sokrates drückte es so aus: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Und neben dem Zweifel trägt das Wissen potenziell immer auch die Angst im Gepäck. Denn wer die Gefahren einer Situation erkennt, hat in der Regel mehr Angst als jemand, der von ihnen nichts weiß. Deshalb steht das Wasser in der chinesischen Fünf-Elemente-Lehre einerseits für Wissen und Weisheit und andererseits auch für die Eigenschaften von Angst und Sorgen.
Der Buddhismus hat einen wunderbaren Umgang mit Angst. In dieser Philosophie ist es entscheidend, womit wir unser Leben füttern: Füttern wir es mit unserer Negativität und Dunkelheit oder mit unserem Wunsch, die Buddhaschaft in allem zu erkennen?
Diese Haltung bewirkt den entscheidenden Unterschied. Im Buddhismus Nichirens ist die Tat wesentlich. Wenn ich mir nur Wissen aneigne, aber nichts davon in die Tat umsetze, dann kann ich keinen Wert erschaffen. Zuerst kommt das Gebet, dann kommt die Handlung. Die Handlung wirkt sich in meiner Umgebung aus und führt im besten Fall zu einem Miteinander von Menschen, wodurch wiederum Mitgefühl entsteht. Wenn wir mitfühlen, schaffen wir einen Wert und vertiefen schließlich unseren Glauben. Aus dem Glauben entsteht wieder das Gebet und der Kreislauf schließt sich.
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